Ursachen der Krise bei der SAG AG

2018 hatte die SHS – (Stahl-Holding-Saar) mit 2,57 Milliarden € Umsatz ein Rekordergebnis. Die SAG-AG erzielte 2018 Umsatzerlöse von 1,957 Mrd. € Umsatz. Vor dem Hintergrund eines drastischen Nachfragerückgangs gingen die Umsatzerlöse 2019 um 15 Prozent auf 1,662 Milliarden € zurück. Diesen Umsatzrückgang wollte der seit 1.9.2018 als Vorstandsvorsitzender wirkende Tim Hartmann mit rigorosen Personalreduzierungen verändern. Hartman war bis zu seinem Wechsel zur SHS, Vorstand beim Saarbrücker Versorgungsunternehmen VSE. Er war also in Stahlfragen völlig unbedarft bzw. überfordert. Von Stahlproblemen hatte er so viel Kenntnis wie ein „Blinder von Farbe.“ Dr. Michael Müller, Vorsitzender des Kuratoriums der Montan-Stiftung-Saar, hielt dies nicht davon ab, Hartmann als Vorstandsvorsitzenden der SHS vorzuschlagen.

Mit seinen rigorosen Personalreduzierungen wollte Hartmann die Kosten um 250 Millionen € pro Jahr senken. Überdies plante Hartmann die Vernichtung von 1.500 sowie die Ausgliederung von 1.000 Arbeitsplätzen. Dieser Crash-Kurs stieß auf den entschiedenen Widerstand der Mitbestimmungsorgane der SHS. Am 19.11.2020 musste Hartmann das Unternehmen verlassen. Er hinterließ einen Verlust von 364 Mio. €. Sein Nachfolger wurde ab 1.1.2021 Dr. Karl-Ulrich Köhler.

Mit Köhler veränderte sich bei der SHS die Vertriebsphilosophie. Statt Mengen – umso die Anlagen auszulasten und die Allgemeinkosten damit zu reduzieren – favorisierte Köhler „Preis vor Menge“. Unter den veränderten Rahmenbedingungen auf dem deutschen und internationalen Stahlmarkt – insbesondere den Überkapazitäten und dem Billigstahl aus China – erwies sich diese Philosophie als Fiasko. Köhler schied am 7.7.2023 als Vorstandsvorsitzender der SHS aus.

Seit 1.6.2023 ist Stefan Rauber Vorstandsvorsitzender der SHS.
Verursacht durch die katastrophale Situation in der deutschen und europäischen Stahlindustrie schreibt die SAG-AG seit Juni 2023 rote Zahlen. Im Januar 2024 hatte die SAG-AG ein Minus von 15 Millionen €. Das waren pro Tag 500.000 €. In dieser prekären Situation wurde in der nordwestdeutschen und ostdeutschen Stahlindustrie ein Tarifvertag abgeschlossen. Eine Inflationsausgleichsprämie bis zu 3.000 € netto für 2024 sowie 5,5 Prozent mehr Geld ab Januar 2025 vereinbart. Die Laufzeit des Tarifvertrages endet am 30.9.2025.

Am 26.2.2024 hatten sich die IG Metall Mitte und der Stahl-Verband-Saar auf einen Tarifabschluss geeinigt. Von dem Tarifabschluss sollten rund 14.000 Beschäftigte in der saarländischen Eisen- und Stahlindustrie sowie die Beschäftigten der Badischen Stahlwerke in Kehl und Buderus Edelstahl in Wetzlar profitieren. Diesem Verhandlungsergebnis stimmte die IG Metall-Tarifkommission am 29.2.2024 mehrheitlich zu. Unerwartet meldete sich der SAG-Vorstand am 28.2.2024 mit einem Schreiben an die IG Metall-Bezirksleitung Mitte, in dem er wegen der kritischen Situation bei der SAG-AG um ein Gespräch zwischen beiden Parteien nachsuchte. Dort brachte der SAG-Vorstand unverhohlen seine Absicht zum Ausdruck, den Tarifvertrag in dieser Form anzufechten und nicht zu übernehmen. Daraufhin fand ein Treffen aller SAG-BR-Vorsitzenden statt.

Am 7.3.2024 erklärte der SAG-Vorstand, dass er – abweichend vom Tarifvertag – das Weihnachtsgeld (Jahressonderzahlung) und das Urlaubsgeld nicht zahlen wolle. Dies wurde vom SAG-Betriebsrat verhindert. Es wurde ein Transformationskonto für alle SAG-Mitarbeiter eingerichtet, auf dem jeder Mitarbeiter zwölf Schichten einbringen muss. Mit dem SAG-Vorstand wurde vom SAG-Betriebsrat am 11.3.2024 eine Vereinbarung getroffen, wonach betriebsbedingte Kündigungen bis 31.12.2025 ausgeschlossen und für IG Metall-Mitglieder eine Sonderbonus-Regelung eingeführt wurde. Neu ist, dass dieser Tarifvertrag erstmals nur für IG Metall-Mitglieder Gültigkeit hat. Letztlich sind dies alles Auswirkungen kapitalistischer Wirtschaftspolitik.

Und dennoch muss jetzt gehandelt werden: Die Inflation macht auch vor Saarstahl-Familien nicht halt!
Die Beschäftigten dürfen nicht für Managementfehler der Vergangenheit büßen.
Transformation geht nur mit Wertschätzung für die arbeitenden Menschen!

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