Das Saarland braucht mehr als Vertröstungen

Zukunft statt Profitmacherei – sozialer und ökologischer Umbau für die Menschen

15 000 Menschen demonstrierten am 19. Oktober in Dillingen und Völklingen für die Sicherheit der Arbeitsplätze der saarländischen Stahlindustrie. Sie forderten die definitive Bewilligung der zugesagten Subventionen der Bundesregierung und aus Brüssel zur sozialökologischen Umgestaltung. Die Alternative wäre das AUS für tausende Arbeitsplätze. Die Landesregierung – hilflos.

Anfang Oktober ließ Ford den mit viel Hoffnung verknüpften Deal mit einem (chinesischen?) Investor platzen. Tausende Arbeitsplätze sind weiterhin ungesichert. Das Konzern-Management macht was es will. Frust bei der Landesregierung.

Bei ZF in Saarbrücken und Neunkirchen ist die Perspektive ungewiss. Die von der Konzernleitung versprochenen neuen Produkte sind wieder in Frage gestellt. Die Belegschaft fürchtet massiven Stellenabbau, schlimmstenfalls 7000, wenn Alternativen zum Verbrennermotor ausbleiben.

Bei Bosch in Homburg, Spezialist für die Dieseltechnologie, profiliert sich die Konzern-Führung in der Öffentlichkeit mit dem Thema Wasserstoff. Die Betriebsräte der Bosch Betriebe in Deutschland und die IG-Metall befürchten, dass der Konzern die Zukunftstechnologien im Ausland produziere. Die Zukunft der Belegschaften in den Werken ist offen.

Ähnlich ist die Situation bei Schaeffler in Homburg und Eberspächer in Neunkirchen (beide Auto-Industrie); auch dort verhandeln die IG-Metall und die Betriebsräte über die Zukunftssicherung der Arbeitsplätze und Sozialpläne.

Am 21. Oktober eine weitere schlechte Nachricht: Michelin will die LKW-Reifenproduktion in Hungerlohnländer verschieben. Dem Homburger Werk droht in Perspektive die Schließung, aktuell Stellenabbau.

An der unteren Saar wurde das Fliesenwerk Merzig von Villeroy u. Boch stillgelegt; 200 Arbeitsplätze wurden vernichtet; weitere Arbeitsplätze werden abgebaut.

Bei vielen älteren Menschen kommen Erinnerungen an die 70er und 80er Jahre hoch, als die Zerschlagung der Hüttenindustrie durchgesetzt wurde und die schleichende Stilllegung des Saarbergbaus voranschritt. Das Saarland erlebte eine Massenarbeitslosigkeit, die Hüttenstädte Völklingen, Neunkirchen und Burbach versanken in sozialem Abrutsch.

Jahrelang  haben die Autokonzerne zusammen mit ihrer Lobby erreicht, dass der dringend notwendige Umbau verhindert wird. Jetzt, wo es so nicht mehr weitergeht, wo der Druck wächst,  wird auf  „grün“ umgestellt, aber nur soweit es die Profite nicht gefährdet. Da rufen die Funktionäre des Kapitals, die Manager und ihre Fürsprecher in Instituten, Parteien und Medien nach der Hilfe des Staates.

Nicht die jahrzehntelange Profitmacherei wird zur Finanzierung der Transformation eingesetzt – das ist tabu. Mit den Steuergeldern der arbeitenden Menschen sollen die zukünftigen Profite der Konzerne, die Dividenden der Großaktionäre vorfinanziert werden. Die Anpassungen werden auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Von ihnen werden immer wieder Opfer bei den Löhnen, betrieblichen Sozialleistungen und Arbeitszeiten erpresst. Eine dauerhafte Garantie für Arbeitsplätze und Standorte gibt nicht.

Die Landesregierung versucht mehr oder weniger hilflos zu moderieren und Steuergelder einzusetzen um „das Schlimmste“ zu verhindern. Wer jedoch nicht bereit ist, den von den Konzernen vorgegeben Rahmen zu überschreiten, wer nicht bereit ist, sich den Konzernen zu widersetzen kann keine sozialökologische Umgestaltung der Industrie im Saarland und Zukunft für die Arbeit gestalten.

Die Landesregierung muss endlich ein Handlungskonzept für den sozial-ökologischen Umbau, das die Zukunft der Arbeit – Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze und Produktion – im Saarland in den Mittelpunkt stellt.

Dafür müssen klare gesetzliche Vorgaben und Instrumente der Investitionskontrolle und ‑steuerung zum Einsatz kommen und das politische Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft konsequent ausgerichtet werden. Für die Vergabe von Subventionen aus dem Sondervermögen von (bescheidenen) 3 Mrd. Euro müssen Bedingungen gestellt werden:

  • Die Mitbestimmung in den Groß- und Konzernbetrieben muss auf die Investitionsentscheidungen und -kontrolle ausgeweitet werden. Dies ist auch eine aktuelle Forderung des IG-Metall Gewerkschaftstages.
  • Bei Großinvestitionen müssen die Mitbestimmung und Kontrolle der öffentlichen Hand, u. Umständen auch durch Kapitalbeteiligungen, gesichert werden;
  • Subventionen sind daran zu knüpfen, dass die Unternehmen ökologische Lösungen und zukunftsfähige Produkte entwickeln;
  • Wir fordern daher ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen für alle Großbetriebe im Saarland, mindestens bis 2030.

Die Beschäftigten, die Betriebsräte und Gewerkschaften, die Arbeitskammer des Saarlandes und die demokratische Öffentlichkeit müssen über die Zukunftsfragen mitbestimmen und mitentscheiden. Notwendig sind gesellschaftliche Foren, Transformationsräte um die Umgestaltung der Wirtschaft im Saarland voranzubringen.

Wir brauchen einen radikalen Politikwechsel! Aber ohne die Allmacht der Konzerne, Banken und Finanzmonopole zu begrenzen, letztlich ohne einen Systemwechsel wird es keine gesicherte Zukunft geben!

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